Die Natur einer
Landschaft als Element der Naturheilkunst
Sind "heilige Orte"
immer und zu jeder Zeit für jede/n auch "heilende Orte"? Orte, die
geistig und körperliche Heilung unterstützen? Diese Frage wird mir
immer wieder auf meinen Seminaren und Veranstaltungen gestellt. Wenn
ich an meine Erfahrungen mit Orten denke, die heilig und heilend sind,
fallen mir als Erstes Wallfahrtsorte ein, die in unserer Gesellschaft
die einzigen bekannten heiligen Orte sind, die zumindest den Anspruch
haben, auch in körperlicher Hinsicht heilend zu wirken. In der Regel
hat unsere Kultur die beiden Bereiche säuberlich voneinander getrennt:
Die Kirche steht an einem Platz, das Krankenhaus an einem anderen.
Schon als Kind waren mir Wallfahrtsorte bekannt. Meine Großmutter hat
viele Wallfahrten unternommen, bei einigen habe ich sie begleitet. Dort
erlebte ich allerdings vor allem Getrenntsein – der heilige Platz war
in der Regel von Mauern umgeben bzw. eingesperrt. Es gab auch eine
Trennung zwischen denen, die diesen Platz betreten durften – in der
Regel Priester – und denjenigen, die in Erwartung auf Heilung zum
Wallfahrtsort kamen und auf die Vermittlung der Priester angewiesen
waren. Ein heiliger Ort schien nichts mit dem Alltag der Menschen zu
tun zu haben, sondern war immer das Besondere, von dem Wunder
erwartete. Meine Großmutter ist allerdings immer genauso krank
wiedergekommen, wie sie hingefahren war. Aus dieser Zeit stammt auch
meine Skepsis, ob heilige Orte auch immer heilende Orte sind. Und
geblieben ist mein Wunsch, Heilung und diese Orte in ihrer ganzen Kraft
und Bedeutung zu verstehen. Hilfreich war dabei die Schulung, meine
intuitiven Fähigkeiten zu verstärken und die Kunst des Heilens zu
erlernen, die ich von Kindheit an erhalten habe.
Häufig waren Wallfahrtsorte bereits in vorchristlicher Zeit heilige und
heilende Plätze. Damals war beides untrennbar, Heilung wurde als
geistiger und körperlicher Prozess begriffen. Die Menschen erkannten
die Übereinstimmungen zwischen der Erde, dem Makrokosmos, und dem
Körper des Menschen, dem Mikrokosmos. In vielen Kosmologien und
Schöpfungsmythen findet man solche Analogien, und auch in der Alchemie
des europäischen Mittelalters war es üblich, den menschlichen Körper
mit seinen Gliedmaßen und Organen in den größeren Zusammenhang von
Himmel und Erde zu stellen. Auch die sogenannte Astromedizin ordnet die
Körperteile Planetenprinzipien zu.
Die Sumerer stellten sich die Entstehung der Welt aus dem
Urdrachenfischwesen Tiamat vor. Zu Beginn der Zeiten wurde sie, die
einzige Göttin, von ihrem Sohn getötet, der aus ihren Körper die Erde
und den Himmel formte. Auch die Germanen stellten sich vor, dass die
Erde aus dem Körper einer Riesin entstand. Ihre Mythen beschreiben
genau, wie aus ihrem Fleisch die Erde, aus den Knochen Gestein und
Berge, aus dem Blut die Flüsse, aus den Haaren die Vegetation usw.
gemacht wurden. Eine der schönsten Darstellungen dieser Verbundenheit
des Menschen mit der Erde ist in der Hymne "Die Mutter Erde " aus den
wiederentdeckten Schriftrollen der Essener zu finden. Sie beginnt mit
den Worten "Die Mutter Erde ist in dir, und du bist in ihr".
Die Lebenskraft Qi
Mein eigener Zugang zu
dem, was ich Jahre später als Fengshui kennengelernt habe, begann mit
einer Heilbehandlung Mitte der 70er-Jahre, durch die ich angeregt
wurde, mich mit chinesischer Medizin, speziell mit der Akupunktur und
dem Qigong zu beschäftigen. So konnte ich zunächst die verschiedenen
feineren Energieflüsse meines eigenen Körpers einordnen. Ich begann zu
verstehen, was die Lebenskraft Qi ist, wie sie durch den Atem zu lenken
und durch Körperübung zu harmonisieren ist, wie Blockaden mit
Stimulierungen wie Reibung, Druck, Atem und Bewegung zu lösen sind.
Ausgehend von meinen Erfahrungen mit meinem eigenen Kosmos (Leib) in
seiner Mehrdimensionalität, begann ich sie auf meine Wahrnehmungen in
meiner Umwelt/der Erde zu übertragen. Sie erweiterten mein Verständnis
und verbreiterten die Basis meines Handelns, auch in meiner Tätigkeit
als Heilpraktikerin. Menschen sind mit der Erde in viel größerem Ausmaß
in Resonanz, als den meisten bewusst ist. Ich meine damit nicht das
anerkannte und weit verbreitete Wissen, dass z.B. Wasseradern,
Verwerfungen etc. für diese oder jene Krankheit mitverantwortlich sind
und auch nicht den Bereich des Sick-building-Syndroms. Darüber ist von
vielen Radiästheten und "Geopathologen" (als ob die Erde eine Krankheit
ist!) schon viel geschrieben worden - und das ist oft die einzige Ebene
auf die sich Heilkundige wie Patienten beziehen.
Prägung durch die
Landschaft
Alle Wesen eines Ortes,
also auch der Mensch, sind Ausdruck seiner Geistseele, seiner
speziellen Kraft und Färbung, der Aufgabe und der Thematik des Ortes.
So gibt es Orte, die Einkehr und Besinnung unterstützen, andere regen
Kreativität und Fruchtbarkeit an. Es gibt Orte zum Sterben, für
Transformation und Orte für fruchtbares Leben. Diese Grundschwingung
eines Ortes lässt sich auch durch die Planetenprinzipien ausdrücken,
wie sie u.a. in der Standortastrologie benutzt werden.
Es bedeutet aber auch, dass der Ort, vor allem, wenn Menschen lange
Zeit, womöglich über Generationen, an einem Ort leben, auf sie
"abfärbt". Ganz oberflächlich ist das allen klar, da es ja "typische"
Volkscharaktere mit eigenem Dialekt, Brauchtum, Humor, Aussehen gibt.
Aber auch eine subtilere Ebene ist bemerkbar, auf der sich die "Mängel"
einer Landschaft auch im Menschen zeigen, entstanden durch eine zu
starke bzw. einseitige Anregung oder Minderung. Bedingt durch ihr
Sesshaftwerden, verweilen Menschen oft über Generationen in einer
Landschaft, verwurzeln sich dort und passen sich an. Dabei werden
selbstverständlich auch die Kräfte und Eigenschaften des
landschaftlichen Schwerpunktes und das darin wurzelnde Ungleichgewicht
bzw. der Mangel übernommen. Die Menschen drücken das durch ihre
Krankheitssymptome und -verläufe aus. Krankheit verstehe ich hier als
Selbstheilungsreaktionen der Seele.
Auf diesen Zusammenhang hat mich meine Praxis der klassischer
Homöopathie gebracht. Bei Patienten mit scheinbar gleichen Symptomen
die Landschaftszugehörigkeit der Vorfahren den Ausschlag für die Wahl
des richtigen Mittels. Wenn die Vorfahren von Patienten seit
Generationen in der Landschaft ihres jetzigen Wohnortes lebten, hatte
das gewählte Mittel immer auch die Charakteristik dieser Landschaft.
Lebten erst die Großeltern oder sogar erst die Eltern am Ort, musste
der Wohnort der Vorfahren herausgefunden werden, um zu sehen, mit
welchem homöopathischen pflanzlichen und oder mineralischen Mittel die
Kraft, die Eigenschaften und Themen dieser Landschaft übereinstimmten.
Für diese Personen war es auch immer sehr wichtig, sich mit diesen
Wurzeln zu beschäftigen und zu einer Transformation und Neuverwurzelung
zu kommen. Homöopathisch ausgedrückt, scheint es ein Landschaftsmiasma
zu geben, das den Boden für das Ungleichgewicht legt und das vererbt
wird.
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